16.11.2010 Nachtrag
17 11 2010Nachdem ich meinen Tagesbeitrag geschrieben habe, war ich noch schnell in der Stadt was essen. Was essen ist nicht besonders leicht, in einer Stadt dei Vom Tourismus lebt. Die Futterbuden der Einheimischen hatten alle zu, außer derjenigen, wo ich mir schon die letzten Tage fast den Magen verdorben hätte. Also auf in die Tourimeile, was ergattern. Natürlich teurer und auch nicht wirklich gut, aber Okay.
Nun sitze ich mitten in der Tourimeile und werde Zeuge eines beinharten Straßenkampfes. An oberster Stelle stehen die Türsteher, die hier mehr die Funktion haben Touristen in ihre Lokalität zu locken. Diese haben im Umkreis ihrer Lokalität das uneingeschränkte Sagen. Dann kommen immer wieder Händler mit Körben voller Zigaretten und Bonnons an einem vorbei. Diese werden geduldet, so ergänzt soch doch das Geschäft. Immer wieder kommen Händler, die einem irgendwas aufschwatzen wollen, manchmal sind es Hängematen, manchmal auch Keramik, manchmal Schokolade aus Nicaragua, ein armer Wicht versucht selbstgeflochtene Heuschrecken auf Gras anzubieten. Die Zigarettenhändler scheinen ihr Revier sauber abgesteckt zu haben. An unterster Stelle sind die Bettler, die werden von den Türstehern mit „sanfter“ Gewalt aus derem Revier vertrieben. Das ganze findet mehr oder wenig unauffällig statt, so dass keiner was mitbekommt. Man muss schon sehr genau hinsehen und sich ie Gesichter der Personen merken. Zigarettenhändler, welche versuchen in das Revier anderer einzudringen werden schnell „abgewiesen.“
Für den meisten Umsatz sorgt eine Folklore Gruppe. Eine Übergroße Puppe tanzt bei Trommelwirbel erzeugt von zwei Trommeln und umschwirrt von einer Art Gnom. Alle Toristen entledigen sich ihres Kleingeldes. Ich werfe einen 20 Cordobaschein (ungefähr 1 USDollar) in die Mütze.
In meinem Restaurant sitzt Thomas aus den USA, ein pensionierter Lehrer, der sich etwas zu essen bestellt und gleich von allen Straßenjungs umschwärmt ist, während er sein Essen bestellt und isst bringt er den Jungs von der Straße Grundrechenarten, Lesen und Schreiben bei. So ganz gefällt den Türstehern das nicht, doch Thomas setzt sich durch, in dem er sagt, wenn die Jungs gehen müssten, würde er auch gehen und sein Essen nicht bezahlen. Anschließend unterhalte ich mich kurz mit Thomas. Er lebt seit einiger Zeit hier und will zumindest einigen Jungs ein bisschen was beibringen. Inzwischen scheint er hier sowas wie eine Institution zu sehen. Die Jungs scheinen jede Chance zu nutzen um ihre Situation zu verbessern. Wenn Thomas kommt, lassen sie für einen Augenblick sogar ihre Geschäfte sein, weil sie wissen, dass Bildung sie weiter bringt.
Mir tut insbesondere der Junge leid, der mit auf Gras geflochtenen Grashüpfern sein Geld zu machen versucht. Der handelt und flechtet gleichzeitig, wird aber meist nur als Nervensäge abgewiesen. Ich frage mich wieviele Grashüpfer er wohl an einem guten Abend verkauft und was er für einen Grashüpfer bekommt und wieviel Zeit er für einen Grashüpfer braucht. Fragen die unbeantwortet bleiben.
Ich zahle meine Rechnung, gut 100 Cordobas für zwei Getränke. Ein Luxus den sich wohl kaum einer der Straßenjungs leisten kann. Als ich gehe, verfolgt mich eine Frau mit einem Säugling auf dem Arm und schreit die ganze Zeit: „Ey Amigo“ wer einen hier Amigo nennt, will nur mein bestes, mein Geld. Ich weise sie ab, auch die herzzerreissenden Geschichten über ihren friedlich schlafenden Säugling, der angeblich kurz vorm verhungern ist, lassen mich nicht erweichen. Ich gehe einfach weiter, schließlich habe ich ja schon der Folkloregruppe einen Schein in die Mütze geworfen.